Laut Gesetz hat es bisher gereicht, wenn eine Zeiterfassung bei der Arbeit nur dann vollzogen wurde, wenn Überstunden gemacht wurden. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs sollen Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten systematisch zu erfassen. Juristen befürchten große Auswirkungen, Arbeitnehmerverbände sind dieser Entscheidung positiv gegenüber eingestellt.
Wie eingangs erwähnt besteht aktuell sowohl in Deutschland als auch in Spanien bislang nur die Pflicht der Erfassung von Überstunden. Allerdings verlangte die Gewerkschaft CCOO von der Deutsche Bank SAE, dass ein System zur Erfassung der Arbeitszeit eingeführt wird. Ansonsten könnten die Überstunden nicht korrekt ermittelt werden, da 53,7 % der Überstunden in Spanien gar nicht erst erfasst werden. Mit diesem Streit ging der Nationale Gerichtshof vor den Europäischen Gerichthof. Das Urteil: er gab der Gewerkschaft recht.
Nur so könne für Arbeitnehmer gewährleistet werden, dass die vorgesehenen Arbeitszeiten auch eingehalten werden.
Aber auch für Arbeitgeber kann so gewährleistet werden, dass seine Arbeitnehmer die vertraglich festgehaltene Arbeitszeit auch einhalten.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sind geteilter Meinung, was die systematische Erfassung der Arbeitszeit angeht.
In kreativen Berufen macht man sich auch nach offiziellem Arbeitsschluss manchmal noch Gedanken über die eine oder andere Sache. Zählt das auch noch zur Arbeit und muss das dementsprechend auch dokumentiert werden? Und wie soll das funktionieren? Die E-Mail, die man abends von zu Hause öffnet und beantwortet: gehört das auch zu den Dingen, die zeitlich erfasst werden müssen?
Darüber hinaus sind viele Angestellte verärgert, deren Verhältnis zu ihren Arbeitgebern auf einer Vertrauensarbeitszeit beruht. Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik: Das Kind eines Angestellten ist krank und muss umgehend aus dem Kindergarten abgeholt werden. Der Arbeitnehmer kann sein Kind abholen und den Rest der Arbeit von zu Hause aus erledigen, um am nächsten Morgen wieder zur normalen Zeit zur Arbeit gehen zu können. Rein rechtlich gesehen ist zwischen zwei Arbeitstagen aber eine Pause von elf Stunden notwendig, die hier unter Umstände missachtet werden könnte. Bei einer Erfassung würde klar deutlich werden, dass man sich aus zeitlicher Sicht nicht das Gesetz gehalten hätte.
Befürworter dieses Urteils sind meistens Arbeitnehmer, die immer wieder von Überstunden geplagt werden. So wird vermieden, dass man über die gesetzliche Arbeitszeit hinaus arbeiten muss.
Das Urteil wurde mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Während die einen sich freuen, dass ihre Arbeitszeit nun endlich nicht mehr ins unermessliche steigen kann, haben die anderen Angst, ihr Recht der Vertrauensarbeitszeit zu verlieren.