Warum der Lebenslauf vielleicht bald tot ist

Warum der Lebenslauf vielleicht bald tot ist


Wie wichtig ist der klassische Lebenslauf im Bewerbungsverfahren eigentlich noch? Diese Frage beschäftigt deutsche Unternehmen und Personalabteilungen, was nicht nur an der Tatsache liegt, dass traditionelle Bewerbungen auf Papier so gut wie ausgedient haben. Mittlerweile erwartet jedes sechste deutsche Unternehmen, dass sich Bewerber über den Online-Weg an sie wenden.

Viele Unternehmen fordern neben der Abgabe einer typischen e-Bewerbungsmappe auch das Ausfüllen spezieller Fragebögen und Formulare, in denen Bewerber möglichst auch persönliche Hintergrundangaben machen sollen. Laut einer Bitkom-Umfrage setzt bereits jede dritte Firma mit über 500 Angestellten derartige Online-Rekrutierungstools ein. Bei Riesen wie BMW und Siemens gehören sie zum Rekrutierungs-Standard, während für eine Ferienarbeit in Wittenberg auch die postalische Bewerbung noch gut ankommen kann.

Der erste Eindruck

Der große Vorteil der Bewerbung via Recruiting-Tool für Unternehmen liegt darin begründet, dass dieses Verfahren den Austausch zwischen einzelnen Abteilungen erleichtert. Trotzdem legen auch weiterhin große Unternehmen wie Unilever viel Wert auf den Lebenslauf, um einen ersten Eindruck des Bewerbers zu bekommen. So können Personaler im ersten Schritt herausfinden, ob ein Bewerber die erforderlichen Erfahrungen mitbringt.

Auch in der modernen Arbeitswelt ist es für Personalabteilungen von Vorteil, die durchlaufenen Karrierestationen eines Bewerbers zu kennen. Dennoch reichen manchen Arbeitgebern dafür schon Lebensläufe in Kurzform, ausschließlich über ein paar Zeilen und nur mit relevanten Stationen für die Ausschreibung. Manchem Recruiter genügt das, er muss nichts über die Erfahrungen aus dem Zodiac Casino wissen, wo der Bewerber einst neben dem Studium arbeitete.

Obacht: Der Lebenslauf einer Initiativbewerbung sollte hingegen keinesfalls nur aus ein paar lieblosen Zahlen und Firmennamen bestehen!

Kritik am traditionellen Lebenslauf

Gegenüber „t3n“ gab Kritiker Franz Kühmayer, Trendforscher am Zukunftsinstitut, zu, dass er das Konzept Lebenslauf für „geradezu einfältig“ hält. Jemanden anhand seines Lebenskalenders zu beurteilen, sei ein Zeichen von Schlichtheit, doch was nütze Erfahrungswissen von vor zehn Jahren, wenn dieses aufgrund schnelllebiger Veränderungen seine Gültigkeit verloren habe? Seiner Ansicht nach verrate der Lebenslauf zwar Fakten, spannender seien aber die Geschichten zwischen den Zeilen – inklusive Lücken. Doch welcher Personaler hat schon die Zeit, die Hintergrundgeschichten ausführlich zu hinterfragen?

Werden zukünftig Computer Bewerber selektieren?

Aufwendige Auswertungsprozesse könnten in Zukunft von selbstlernenden Technologien übernommen werden. Dank künstlicher Intelligenz (KI) könnte zukünftig ein breites Spektrum an zugänglichen Daten über einen Kandidaten per Screening ausgewertet werden. Die Verfahren zur automatisierten Analyse persönlicher Bewerberdaten sind aber längst noch nicht alltagstauglich. Besonders in puncto Datenschutz sind derartige Technologien noch nicht ausgereift.

Dennoch feilen Unternehmen wie Google bereits am automatisierten DNA-Matching zwischen Bewerber und Unternehmen. Stark vereinfacht könnte man dieses Job-Matching als das Tinder für Jobsuchende bezeichnen. Die klassischen Stellenangebote vom Arbeitsamt Langenfeld könnten durch ausgereifte Technologien an Relevanz verlieren. Und auch der Personaler wird sich umstellen müssen: Anstatt die reinen Fakten aus einem Lebenslauf herauszufiltern, kann er oder sie sich auf die Geschichten zwischen den leblosen Zahlen des Lebenslaufes konzentrieren.

Der kreative Bewerbungsansatz

Der kreative Bewerbungsansatz

Jeder Bewerber versucht sich so gut wie möglich von der Konkurrenz abzuheben. Während eine Bewerbung für eine bestimmte Position oder ein konservatives Unternehmen auch dementsprechend angepasst werden sollte, darf sich beispielsweise der Agentur-Bewerber kreativ richtig austoben. Und egal ob via YouTube, Facebook oder eBay: der Kreativität für den Lebenslauf sind kaum Grenzen gesetzt.

Fast schon als klassisch gilt die eigene Website, auf der Unternehmen den hübsch aufbereiteten Lebenslauf vom Bewerber präsentiert bekommen. In bestimmten Fällen lohnt es sich, die Seite auf das Unternehmen, bei dem man sich bewirbt, zuzuschneiden. Die Website hat aber auch den Vorteil, das interessierte Unternehmen von sich aus auf den Urheber der Seite herantreten können. Im besten Fall fliegen Jobangebote ohne eigene Bewerbung ein. Teilweise basteln Bewerbersogar interaktive Vitas, die enormen Eindruck machen.

Das eigene Portfolio in Form einer Website zu gestalten ist aber bei weitem nicht die kreativste Art sich zu präsentieren. Bewerber auf der ganzen Welt spielen förmlich mit den Möglichkeiten, die das Netz bietet. Es gibt Bewerbungsanschreiben, welche nur aus einem DinA4 Foto samt QR-Code bestehen, der dann wiederum den Personaler nach dem Scan auf eine Website samt Portfolio des Bewerbers linkt.

Sogar Chatbots, wie man sie von Facebook beispielsweise kennt, wurden schon für Bewerbungszwecke programmiert. Dieser interagiert mit dem Personaler und bietet ihm alle nötigen Informationen zum Bewerber.

Auch das eigene Facebookprofil wird von so manchem Bewerber wie ein Lebenslauf aufgebaut, da viele Personaler ihre potenziell neue Mitarbeiter sowie in den sozialen Netzwerken überprüfen. Ein Lebenslauf als Fotoalbum oder direkt im Profil-Cover? Alles kein Problem heutzutage. Und selbst via Snapchat oder Pinterest wurden schon Einladungen zu Bewerbungsgesprächen ausgesprochen.

Und dann wäre da ja auch noch die Möglichkeit eines Bewerbungsvideos, wobei diesem in vielen Fällen noch eine schriftliche Version angehängt gehört. Selbst wenn dies nur ein kleiner Auszug der unglaublich vielfältigen Bewerbungsmöglichkeiten der Neuzeit war, verdeutlicht er, dass kreative Bewerbungsansätze und Lebensläufe so gut wie keinerlei Einschränkungen unterliegen. Der klassische Lebenslauf könnte also schon bald ausgedient haben.